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69. Juristentag beschließt weitere Einschränkungen von Bürgerrechten im Internet

Sep 24, 2012

Am Freitag letzter Woche ging der 69. in München abgehaltene Juristentag zu Ende.
Themen dort waren unter anderem sowohl die Vorratsdatenspeicherung, die Quellentelekommunikationsüberwachung und Internetkriminalität.

Hierzu hat der Deutsche Juristentag auch Beschlüsse gefasst und sie hier veröffentlicht. Wenn man sich diese durchliest, wird recht schnell klar, dass die dort zur Abstimmung gebrachten Forderungen von eher konservativen Gesellen erarbeitet worden sein dürften.

So finden sich für den Bereich des Internetrechts auf Seite 4 f zwar Beschlüsse, welche die Rechte von Verbrauchern beim Kauf von Waren und Dienstleistungen via Internet stärken sollen,

III. Internetkauf und Universaldienstleistungen
1. Die Regeln über die Sachmängelhaftung sind den typischen Besonderheiten des Internetkaufs
anzupassen, z.B. durch Gewährung eines sofortigen Rücktrittsrechts. angenommen

2. Hindernisse für die Rechtsausübung durch den Verbraucher sind abzubauen, z.B. durch
Einführung eines chargeback-Systems. angenommen

3. Die Rechte des Verbrauchers bei Universaldienstleistungen (Telekommunikation, Energie,
postalische Dienste, Transport- und Zahlungsdienstleistungen) sind kohärent auszugestalten.
angenommen

4. Zur Verbesserung der Rechte des Verbrauchers bei Universaldienstleistungen sind folgende
Maßnahmen vorzusehen:
a) Vollständige Preistransparenz ist zu gewährleisten. angenommen

b) Die Preisnebenleistungen sind präzise zu definieren, um eine effiziente AGB-Kontrolle zu
ermöglichen. angenommen

c) Die Kontinuität der Versorgung bei Gefährdung von Leben und Gesundheit ist
sicherzustellen. angenommen
d) Ein Wechsel der Anbieter ist durch Schaffung neutraler Preisvergleichssysteme zu erleichtern.
angenommen
e) Die Marktaufsichtsagenturen sollten mit der administrativen Durchsetzung kollektiver
Verbraucherinteressen betraut werden. abgelehnt

gleichzeitig wird im Bereich des Strafrechts jedoch in die entgegengesetzte Richtung gerudert und Schaffung, sowie Rechtsklarheit von und bei (repressiven) Maßnahmen gefordert.

So hat man nicht nur den Beschluss zur Quellen – Telekommunikationsüberwachung mittels “Staatstrojaner” begrüßt (angenommen), sondern gleichzeitig auch die Onlinedurchsuchung für notwendig befunden.

4. Nach dem derzeitigen Stand der Technik sollte insbesondere für folgende wichtige (repressive)
Maßnahmen durch den Gesetzgeber Rechtsklarheit geschaffen werden:

a) Quellen-Telekommunikationsüberwachung:
aa) Ein heimliches Eindringen in ein informationstechnisches System zum Zwecke einer
repressiven Quellen-Telekommunikationsüberwachung sollte als Ausgleich für die
technisch meist unmögliche Telekommunikationsüberwachung entsprechend den
Voraussetzungen der §§ 100a, 100b StPO möglich sein. angenommen

bb) Die hierfür eingesetzte Software muss vorab unabhängig zertifiziert werden, z.B. durch
den Datenschutzbeauftragten, um sicherzustellen, dass die technischen und rechtlichen
Anforderungen eingehalten und die beim Einsatz dieser Software unvermeidlichen Gefahren beherrschbar sind. angenommen

cc) Es sollte eine gesetzliche Pflicht geschaffen werden, in jedem Einzelfall nachträglich den
Datenschutzbeauftragten zu informieren. abgelehnt

b) Online-Durchsuchung:
aa) Ein heimliches Eindringen in ein informationstechnisches System zum Zwecke einer
repressiven Online-Durchsuchung ist angesichts der Möglichkeit einer Verschlüsselung
der gespeicherten Daten ein wichtiges Ermittlungsinstrument und sollte daher, wenn
auch unter hohen, verfassungsrechtlich vorgegebenen Eingriffsschwellen (vgl. BVerfGE
120, 274) erlaubt werden. angenommen

bb) Die hierfür eingesetzte Software muss vorab unabhängig zertifiziert werden, z.B. durch
den Datenschutzbeauftragten, um sicherzustellen, dass die technischen und rechtlichen
Anforderungen eingehalten und die beim Einsatz dieser Software unvermeidlichen Gefahren beherrschbar sind. angenommen

cc) Es sollte eine gesetzliche Pflicht geschaffen werden, in jedem Einzelfall nachträglich den
Datenschutzbeauftragten zu informieren. abgelehnt

c) Spezielle Herausgabepflichten bzgl. Verkehrsdaten und (erweiterten) Bestandsdaten sollten
geschaffen werden, damit, soweit technisch möglich, die Nutzer im Bedarfsfall rückverfolgbar
bleiben. angenommen

d) Vorratsdatenspeicherung:
Telekommunikationsanbieter sollten generell und soweit verfassungsrechtlich zulässig nach
Maßgabe der RL 2006/24/EG (EU-Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie) verpflichtet werden,
bestimmte Verkehrsdaten zu sammeln und für mindestens sechs Monate zu speichern.
angenommen

Ebenso forderte man die Einführung des Straftatbestandes der Datenhehlerei inklusive Qualifikationen und weitreichenderen Ermittlungsmöglichkeiten für die Behörden.

2. Für schwerwiegende und breitflächige Angriffe sind Qualifikationstatbestände mit
erhöhter Strafdrohung vorzusehen. Zugleich sollten bei diesen Qualifizierungen
weiterreichende Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden (unter anderem
Telekommunikationsüberwachung) geschaffen werden. angenommen

3. a) Um eine Strafbarkeitslücke im Hinblick auf den Geheimnis- und Datenschutz im Internet zu
schließen ist ein neuer Straftatbestand zur „Datenhehlerei“ einzuführen.
angenommen

b) Der Straftatbestand der „Datenhehlerei“ soll nicht den Erwerb von Daten erfassen, der
ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dient.
angenommen

4. Das StGB benutzt für die einschlägigen Inhaltsdelikte den traditionellen, an körperlichen
Datenträgern orientierten Schriftenbegriff des § 11 Abs. 3 StGB. Der Schriftenbegriff ist durch
eine Regelung zu ersetzen, die nicht auf den Datenträger, sondern auf die einschlägigen Inhalte
abstellt. Ebenso ist der auf Schriften zugeschnittene Besitzbegriff durch ein inhaltsspezifisches
Pendant zu ersetzen.
angenommen

Der Beschluss zu der Frage, ob ein Grundrecht der freien Internet-Nutzung anerkannt werden sollte, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die freiheitliche Nutzung des Internets ausreichend durch Art. 5 GG, Art. 10 EMRK und 11 GRC gewährleistet seien.

Ein besonderes Grundrecht der „freien Internet-Nutzung“ ist nicht erforderlich. Vielmehr
lässt sich eine angemessene freiheitliche Nutzung des Internets ausreichend durch die Grundrechte des Art. 5 GG, Art 10 EMRK und 11 GRC gewährleisten. angenommen

Ebenso wird ein Recht auf anonyme Internet-Nutzung aberkannt.

Ein „Recht auf anonyme Internet-Nutzung“ ist nicht anzuerkennen. Bei aktiver Nutzung
des Internets mit eigenen Beiträgen darf der Nutzer nicht anonym bleiben, sondern muss im
Rahmen einer Verwendung von Pseudonymen zumindest identifizierbar sein. Nur dann lassen
sich Rechtsverstöße wirksam verfolgen. Internet-Dienste sollen den Klarnamen und die Internetverbindung ihrer Nutzer registrieren. angenommen

Die Beschlüsse sind nicht verbindlich und natürlich immer mit dem Erfordernis hoher Schranken solcher Eingriffe versehen, schaut man sich jedoch die Vergangenheit an, dann kommt man doch ins Grübeln.

 

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